Montag:
Am Montag konnten wir unseren ersten Advents-Morgenkreis im Bauwagen feiern. Saschas Papierstern wurde als erster gezogen. Somit war er das Helferkind. Seinen Stern klebte er ans Fenster. Jetzt erzählte Claire, was es mit dem kleinen Holzwagenrad auf dem Tisch auf sich hat: Der Theologe und Sozialreformer Johann Hinrich Wichern gründete 1833 das „Rauhe Haus“ in Hamburg, um dort Straßenkindern ein Zuhause zu geben. Weil die Kinder immer wissen wollten, wie lange es noch dauert, bis es Weihnachten ist, nahm er ein Wagenrad, 19 kleine rote und vier dicke weiße Kerzen. Jeden Tag wurde eine weitere Kerze angezündet. So wollen wir es auch handhaben, mit vier dicken roten Kerzen und 20 Teelichtern. Sascha zündete also die ersten drei Kerzen an: Ein Teelicht, die erste Adventskerze und dann wieder ein Teelicht. Nun versuchten wir uns mit einem der ältesten Adventslieder: „Macht hoch die Tür,die Tor macht weit“. Elke zeigte danach einen Stern und drei interessante Männer: Die Sterndeuter entdecken den besonderen Stern und beschließen, sich auf die Suche nach dem neugeborenenKönig zu machen (Matthäus 2,1-9). Zum Abschluss des Adventskreises schnitt Sascha sein Adventssäckchen vom Kalender und bekam die Goldkiste mit dem Herrnhuter Stern überreicht, den er nun für eine Nacht mit nach Hause nehmen kann.
Später erwartete uns eine Frau beim Haus des Kleintierzüchtervereins: Miriam Popp. Sie zeigte uns die Kaninchen. Viele verschiedene Kaninchenrassen entdeckten wir. Alle Kinder bekamen eines auf den Schoß. Das war spannend, denn das eine ließ sich streicheln, ein anderes sprang dauernd runter. Wir versorgten alle Mümmelmänner mit Wasser, Heu und Kraftfutter. Wir sind schon gespannt, wenn es im Frühjahr Kaninchenbabys gibt.
Dienstag:
Heute wurde Emmas Stern gezogen. Wir hörten die Fortsetzung der Sterndeuter-Geschichte, wie sie sich auf den Weg in die Wüste machten, um dem Stern zu folgen. Wir vesperten, sägten Brennholz gesägt und buddelten weiter am Karottenlagerloch. Aila, Hanna und Emma haben entdeckt, dass sie auf den Palettenstapel hinterm Fachwerkschuppen hochklettern können. Dort oben richteten sie sich ihre Wohnung ein. So gibt es im Bauernhofkindergarten jeden Tag kleine Überraschungen zu entdecken, und die Kinder entwicklen ihre ganz eigenen Projekte. Später haben wir alle gemeinsam Nussschalenkerzen gegossen: Da wird weißes Wachs durch Wärme auf einmal durchsichtig. Mischt man rotes Wachs dazu, entstehen rosa Kerzen. Die winzigen Dochtstückchen konnten die Kinder mit etwas Knete und dem Pinzettengriff prima in den Walnusshälften befestigen. Wir mussten das Wachs mehrmals nachgießen, denn nach dem Kaltwerden bildeten sich immer wieder Löcher. Das muss man mit drei Jahren noch nicht verstehen, aber sehen und wissen.
Mittwoch:
Hannas Stern wurde heute von Emma gezogen. Mit Hilfe von Elke zündete sie fünf Kerzen an. Wir sangen wieder die erste Strophe von „Macht hoch die Tür“. Heute erzählte Elke die Geschichte von Elisabeth und Zacharias (Lukas 1,5-25): Weil der Priester Zacharias dem Engel nicht glauben wollte, dass seine Frau Elisabeth in ihrem hohen Alter noch ein Kind bekommen sollte, musste er stumm werden bis zur Geburt seines Sohnes Johannes. Der wird, so sagte der Engel, der Vorbote von Gottes Sohn sein. Hanna schnitt ihr Adventskalendertäschchen ab und versteckte es im Rucksack. Wir vesperten und genossen dazu wie jeden Tag frisch gepflückten Feldsalat, Kresse und Spinatblätter.
Eine Gruppe versorgte die Tiere. Da entdeckten wir einen ganz besonderen, großen Vogel im Gebüsch bei den Bienenstöcken. Also leise und vorsichtig hinschleichen, wie eine Katze. Erblieb ganz ruhig sitzen. Erst im letzten Moment flog er hoch, der Fasan. So eine Überraschung! Die andere Gruppe machte sich wieder ans Holz sägen und Kerzen gießen. Übrigens gibt es zum zweiten Vesper jetzt immer einen Bratapfel, direkt aus dem Ofen.
Donnerstag:
Heute, am Nikolaustag, haben wir drei Kinder begrüßt: Aila heftete ihren Stern ans Fenster und zündete die sechs Kerzen an. Sie zählte alle Kerzen, die noch nicht brannten, und stellte fest: „Es sind noch 18 Tage bis Weihnachten.“ Aila konnte die bisherigen biblischen Geschichten wunderbar nacherzählen. Mit Bewegungen sangen wir „Macht hoch die Tür“. Helmut hatte mehrere Kisten dabei und holte daraus zwei Kamele und drei Männer hervor. „Na klar, die Sterndeuter“, wussten gleich alle Drei. Wir stellten sie bei der Kinderküche auf und dekorierten das Mobiliar mit Tüchern, das sind jetzt Berge und die Wüste.
Man muss ja nicht zu allen Zeiten immer alles zur Verfügung haben, deshalb verzichten wir in der Adventszeit auf die Kinderküche. Dass er einmal auf all seinen Reichtum verzichten würde, das dachte ein 9-jähriger Junge um das Jahr 290 n.Chr. in der heutigen Türkei noch nicht. Er war totunglücklich, weil seine beiden Eltern plötzlich gestorben sind. Helmut erzählte das Leben des Jungen und bald begriffen die Kinder, das ist der Nikolaus. Natürlich nicht der rote Weihnachtsmann, den hat Coca-Cola erfunden. Der echte Nikolaus begann als er Jesus kennenlernte, all seinen Reichtum an die Armen zu verschenken. Als er nach einer mühevollen Pilgerwanderung ins Heilige Land wieder heimkam, wurde er zum Bischof der Stadt Myra. Er blieb zeitlebens ein liebevoller und fürsorgender „Hirte“ und verschenkte, was er nur konnte, an Arme, Kranke und Kinder. Deshalb feiern wir bis heute den Nikolaus-Tag. Damit sich die Kinder ein Bild von einem Bischof machen konnten, zog sich Helmut zwei Tücher an, die einem Bischofsgewand ähneln. Er setzte die Mitra auf und nahm den Bischofsstab zur Hand. Nun konnte er den Kindern das kleine Jutesäckchen überreichen, gefüllt mit selbst getrockneten Gemüsechips und Apfelstückchen, einem frischen Apfel, Wal- und Haselnüssen.
Die Mitarbeiterinnen des Seniorenheims hatten uns eingeladen, die Bewohner auch mit dem Bischof Nikolaus zu erfreuen. Pünktlich um 10:30 Uhr standen wir mit samt unserer Gans Gerda im Kreis von fast 40 Senioren. Mit leuchtenden Augen lauschten die alten Menschen den lieben Worten des „Bischofs“ und dankten für die kleine Geschenktüte. Als auch alle Bewohner auf den Zimmern besucht und beschenkt waren, nahm Elke ihre Gans auf den Arm und ging von einem Bewohner zum andern, damit alle Gerda streicheln konnten; was für eine Atmosphäre! Für uns alle – auch für Gerda, die sich lauthals „bedankte“! Die Begegnungen zwischen Alt und Jung werden von Mal zu Mal intensiver und wir freuen uns schon auf den nächsten Besuch, natürlich mit Gerda.
Freitag:
Am Freitag hängte Enrico seinen Stern ans Fenster. Er zündete die sieben Kerzen an. Wir sangen die erste und die zweite Strophe von „Macht hoch die Tür“ mit Bewegungen. Dann bekamen die Sterndeuter noch ihr Reisegepäck und ihre drei Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Nach dem Vespern blieb eine Gruppe mit Elke im Bauwagen und bereitete die Kürbissuppe zu. Die anderen Kinder spielten draußen Krankenwagen mit dem Bollerwagen und Krankenhaus im Schuppen. Später wollte Helmut aus einem Brett, das wir für die Garderobe im Bauwagen brauchen, sechs Nägel entfernen; solch eine lebenspraktische Gelegenheit ließen sich die Kinder natürlich nicht entgehen. Bald versuchten alle mit Hammer und Zange die Nägel selbst zu entfernen, was nicht so einfach ging, aber auch sowas lernt man am besten beim Versuchen. Und wenn dann der Bauer Uli vorbeikommt, dann bleibt er nicht lang allein: Heute hat er Gras gemäht, für die Ziegen. Das muss er nicht selber dorthin bringen, dazu haben wir doch Kinderschubkarren …